Infobrief des Fördervereins Burg Wersau – April 2015
Sehr geehrte Freunde unserer Burg Wersau,
In unserem monatlichen Infobrief (vormals genannt Sendschreiben) erfahren Sie Aktuelles rund um unsere ehemalige Burg.
Im April gibt es über folgende Neuigkeiten zu berichten:
- „Sind noch lange nicht am Ende unserer Neugierde“
- „Jeder Archäologe hat mal klein angefangen“
- Verabschiedung der letzten 20 Studenten
- „Sind noch lange nicht am Ende unserer Neugierde“
Aus Reilinger Nachrichten 15/2015 – der Artikel erschien auch am 11. April in der BAZ unter „Nicht erwartete historische Funde“.
Archäologische Grabungen auf dem Gelände der ehemaligen Burg Wersau beanspruchen weitere Zeit/Exklusiver Statusbericht für den Gemeinderat
Eine Exkursion führte eine von Bürgermeister Stefan Weisbrod angeführte Delegation des Gemeinderates kurz vor den Osterfeiertagen auf das Gelände der ehemaligen Burg Wersau. Zum Abschluss einer sechswöchigen, archäologischen Lehrgrabung der Universität Heidelberg war eine gute Gelegenheit, sich einen persönlichen Eindruck von den jüngsten Funden und Erkenntnissen zu verschaffen. Für die Teilnehmer war es darüber hinaus wichtig, im vertraulichen Gespräch die Schnittmengen zwischen den Interessen der Archäologie und einer baulichen Nutzung von Teilen des orts- und regionalgeschichtlich vorbelasteten Geländes auszuloten, aber auch die gegenseitigen zeitlichen Horizonte abzustecken. Schließlich hat die Bürgervertretung schon vor mehr als einem Jahr entschieden, den nördlichen Teil des Areals einem privaten Investor zur Realisierung eines Bauprojekts zur Verfügung zu stellen.
Mit viel Sachkenntnis und profundem Hintergrundwissen gelang es Dr. Folke Damminger vom Karlsruher Landesamt für Denkmalpflege und dem örtlichen Grabungsleiter der Universität Heidelberg, Justin Schmidt, den Teilnehmern einen Einblick in die Faszination der Archäologie zu vermitteln. „Unsere Aufgabe sehen wir darin, die orts- und regionalgeschichtliche Bedeutung des Schlossmühlen-Areals wieder sichtbar zu machen“. Und das ist für den Bereich des ehemaligen Mühlengebäudes eindrucksvoll gelungen. Rund 30 Studenten haben seit Mitte Januar historische Mauern verschiedenster Bauphasen der Schlossmühle freigelegt und akribisch dokumentiert. Gut zu erkennen ist, dass bei Neubauten das alte Mauerwerk immer wieder sekundär beansprucht wurde. Zu sehen war die ehemalige Mühlstube mit Mühlradeinlassungen bis hin zu im Original noch vorhandenen Mühlsteinen. Auch ein Teil der nördlichen Außenbefestigung der ehemaligen Burg ist noch gut erhalten und auf jeden Fall ein für wertig erachtetes, erhaltenswertes Bauteil.
Von den örtlichen Bedingungen ist Grabungsleiter Justin Schmidt begeistert. Ein hoher Grundwasserstand habe dafür gesorgt, dass die stützenden Hölzer unter den Grundmauern konserviert und erhalten geblieben sind. „Das ist für uns Archäologen ein besonderes Glück, das uns erstaunliche, in dieser Dimension nicht erwartete historische Funde beschert“.
Ausgezeichnetes Zusammenspiel
Für Dr. Folke Damminger übernimmt die jetzige Forschungsgrabung das eigentliche Pflichtprogramm, „mit dem wir feststellen wollen, was konkret erhaltenswert ist“. Bis es soweit ist, dass mit Architekt und Bauherr Gespräche über die planerisch-technischen Möglichkeiten zum Erhalt schützenswerter Bauteile geführt werden können, benötige man allerdings noch etwas Zeit. In den Folgemonaten seien weitere, vom Landesamt finanzierte und auf jeden Fall lohnenswerte Grabungen, allerdings in kleinerem Rahmen angesetzt. „Sie können sich noch bis in das Frühjahr 2016 hinziehen“, deutete Damminger mit einiger Sicherheit den erforderlichen Zeithorizont an.
Das ausgezeichnete Zusammenspiel von Kommune, Bürgerschaft, Privatpersonen, Verein, Universität und Denkmalpflege kennzeichnete Dr. Damminger als etwas Besonderes. „Sie hebt ein spannendes archäologisches Projekt heraus, das für die Gemeinde und die Region gleichermaßen von besonderem historischem Wert ist“. Dieser Eindruck habe sich im Verlauf der zurückliegenden Grabungen noch verstärkt.
„Wir sind noch lange nicht am Ende unserer Neugierde“, machten Schmidt und Damminger den Besuchern der Grabungsstelle deutlich. Das großflächige Areal berge noch zahlreiche Geheimnisse, vor allem im südlichen Grundstücksteil, wo sich die eigentliche Kernburg befinde. „Die Grabungen werden dort, wo bauliche Aktivitäten nicht zu erwarten sind, noch viele Jahre in Anspruch nehmen“, erwartet Damminger, die das Land jedoch aus heutiger Sicht allenfalls logistisch unterstützen könne.
Ein intensiver Meinungsaustausch im Kreise der Studenten der Universität Heidelberg und Vertretern des Arbeitskreises Burg Wersau bildete schließlich den Abschluss eines aufschlussreichen Geländebegangs.
- „Jeder Archäologe hat mal klein angefangen“
Artikel aus der Rhein-Neckar-Zeitung vom 13.04.2015
Text: Von Harald Berlinghof
Bild: Lenhardt
Reilingen/Schwetzingen. Ganz in der Nähe von Reilingen gab es einst eine mittelalterliche Burg. In der Vorstellung eines Laien wird sie schnell zur Ritterburg. Schon treten stolze Ritter auf ihren Pferden mit bunten Fahnen in der gepanzerten Faust aus dem Schatten der Burgmauern. Und vielleicht hat es ja auch ein hübsches Burgfräulein dort in der Burg Wersau gegeben. Tatsache ist, dass die Burg seit dem 12. Jahrhundert existierte und dass sie sich lange Zeit im Besitz des Heidelberger Kurfürsten befand.
Dass die Burg Wersau eine besondere Bedeutung gehabt haben muss, zeigt sich auch darin, dass die päpstliche Bulle zur Gründung der Universität Heidelberg von den Gesandten des Papstes im Jahr 1385 nicht in der Stadt am Neckar, sondern auf eben jener Burg Wersau übergeben wurde.
Sechs Wochen lang haben jetzt rund 30 Archäologiestudenten der Universität Heidelberg in einer Lehrgrabung den Boden der ehemaligen Burg durchforstet. Die Lehrgrabung ist ein integraler Bestandteil des Studiums an der Uni Heidelberg und wird begleitet vom Landesamt für Denkmalpflege Stuttgart. „Hier lernen die Studenten die Feldarbeit eines Archäologen kennen“, erklärt der heutige Grabungsleiter Justin Schmidt, der inzwischen sein Studium erfolgreich beendet hat. Im Jahr 2010, bei der ersten Grabung, war er noch als Student dabei gewesen. Außer der eigentlichen ovalen Burg, deren Grundmauern teilweise freigelegt sind, war lange Zeit eine Mühle auf dem Areal angesiedelt, die bis in die 1960er Jahre genutzt wurde. Nach dem Abriss der Mühle vor rund 50 Jahren soll jetzt in Zukunft ein Neubau entstehen mit Ferienwohnungen und einem kleinen Museum, das die Geschichte der Burg veranschaulichen soll. Möglicherweise können dann dort auch die Grabungsfunde der jetzigen Lehrgrabung gezeigt werden. Die lagern vorerst noch in Plastikschälchen und Eimern, in Kisten und Kartons, fein säuberlich bezettelt mit Angaben über Funddatum und Fundort. Unter den Funden befinden sich zahlreiche Tonscherben, aber auch türkis oder blau glasierte Stücke von Ofenkacheln mit einem bildlichen Figurenprogramm.
Auch ein paar weiße und figürlich bemalte zerbrochene Pfeifenköpfe aus späterer Zeit wie dem 18. oder 19. Jahrhundert sind zum Vorschein gekommen. Ob allerdings jemals genug Geld da sein wird, die gefundenen Stücke in einer wahren Sisyphusarbeit wieder zu ganzen Gefäßen oder Gegenständen zusammenzuführen, steht in den Sternen.
Geplant ist jedenfalls, wenn der Neubau mit Ausstellungsraum erst einmal steht, dass man auf dem Gelände der Burg auch mit interessierten Laien unter Aufsicht des Landesdenkmalamtes weitere Grabungen durchführt, so Folke Damminger vom Landesamt für Denkmalpflege, Außenstelle Karlsruhe.
Den Artikel können Sie auch unter https://www.rnz.de/nachrichten/metropolregion_artikel,-Jeder-Archaeologe-hat-mal-klein-angefangen-_arid,89959.html nachlesen.
- Verabschiedung der letzten 20 Studenten
Nachdem am 14. Februar 30 Studenten der Universität Heidelberg die Lehrgrabung auf dem Areal der ehemaligen Burg Wersau/Schloßmühle verlassen hatten, trafen am 16. Februar die nächsten 20 Studenten ein. Bedingt durch Seminare und Schulungen,die von der Universität durchgeführt wurden, reduzierte sich die Anzahl der Studierenden im Laufe der nächsten 3 Wochen auf 13 Anwesende. Dies tat aber den Vorgaben des Grabungsleiters, Justin Schmidt, keinen Abbruch; im Gegenteil, die jungen Leute legten sich für ein vorzeigbares Ergebnis noch mehr ins Zeug. Besuche von Politikern, Professoren und maßgeblichen Herren des Landesdenkmalamtes werteten die Arbeit der akribisch arbeitenden Gräber auf.
Grabungsleiter Justin Schmidt nahm den Abschluss der Lehrgrabung am 1.4.2015 zum Anlass, die Reilinger Gemeinderäte über die erfolgten Arbeiten vor Ort zu informieren. Stolz präsentierte er ausgegrabene Turmfundamente der alten Burg, die verschiedenen Bauphasen der mehrmals abgebrannten Mühle, sowie Teile der alten Burgmauer. Hierbei verwies er immer wieder auf die tollen Funde, die gemacht wurden. Dr. Damminger vom Landesdenkmalamt verfeinerte die Aussagen mit seinem hervorragenden Wissen über die Reilinger Ausgrabungsstätte.
(aus Reilinger Nachrichten 16/2015)
Für Ihr Interesse bedanke ich mich und verbleibe
Mit den besten Grüßen
Ihr
Andreas Dörfer